Gebt mir ein B! Gebt mir ein Rüssel!

Wir sind eingeladen. Die Europäische Union möchte sich uns Jungjournalisten von der besten Seite präsentieren. Es gilt, Bilder gerade zu rücken und das Verständnis für die Funktionsweise eines sehr komplexen Verwaltungsapparat zu fördern. Vor allem bei denjenigen, die später vielleicht die Meinung über die EU maßgeblich mitbestimmen. Dafür fliegen wir nach Brüssel. Auf zur nächsten Klassenfahrt!

Foto: Christoph Kürbel
Foto: Christoph Kürbel

Unser Flieger geht erst nachmittags. Dennoch quillt die Whattsapp-Gruppe schon früh über mit aufgeregten Nachrichten. Schnell eingecheckt und ab zum Gate. Im Flieger herrscht gute Stimmung und Vicky trinkt nen Sekt „vielleicht“.

Vor Reiseantritt hatte es viele Bedenken zur Sicherheitslage in Brüssel gegeben, da in der Woche zuvor die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen wurde. Als wir ankommen gilt noch Alarmstufe Gelb.

Foto: Christoph Kürbel
Foto: Christoph Kürbel

Am Flughafen Brüssel holt uns ein Reisebus ab und bringt uns zu unserem Hotel, direkt neben dem eindrucksvollen Gebäude der Europäischen Kommission. Jeder sein eigenes Zimmer. So Mancher prahlt gleich mit der Whirlpool Wanne und seinem King-Size Bett. Das erzeugt Neid!

Der erste Abend steht zur freien Verfügung. Auf Brüssel-Entdeckungstour sehen wir gepanzerte Fahrzeuge, Soldaten und Waffen. Trotzdem bleibt Stimmung gelassen und entspannt. Die Bars sind bevölkert und auch auf der Straße sind Viele unterwegs. Ohne Angst. Wir erkunden die Stadt, gehen Moules Frites essen, trinken in belgischen Bierhallen, lauschen der Live-Band in einer kleinen Spelunke und fallen zu früher Morgenstunde ins Bett.

Der Wecker klingelt um Sieben. Aufstehen fällt alles andere als leicht und auch beim Frühstück blickt man in trübe Gesichter. Doch die Spannung steigt spätestens nach der ersten Sicherheitskontrolle im Gebäude der Europäischen Kommission. Hier treffen wir im Sitzungssaal Jean Durieux direkt unseren ersten Redner. Detlef Fechtner ist Brüsselkorrespondent für das Börsenmagazin und erzählt uns einiges über die seine Arbeit. Wir sind alle per Du. Das ist entspannt. In den nächsten 3 Tagen haben wir viele solcher Gespräche mit wichtigen Vertretern verschiedener Ressorts der EU-Kommission.

Die wahrscheinlich spannendste Person die wir treffen ist Luc Tholoniat. Er ist der Wirtschaftsberater von Jean-Claude Juncker. Und er stellt sich unseren Fragen. Alles bleibt „unter Drei„, d.h. das Gesagte bleibt vertraulich. Um sicherzustellen, dass sich Luc nicht verplappert, sitzt seine Pressesprecherin neben ihm. Das Gespräch ist locker und spannend, da er uns detaillierte Fragen zu Anleihenkäufen der EU, zum Assoziierungsabkommen mit der Ukraine und zur Griechenlandkrise beantwortet. Merci dafür.

Zum Abendessen lädt die DJS ein. In einem kleinen Italiener haben wir ein Stockwerk für uns. Es sind zwei EU-Parlamentarier zu Gast, die sich kurz vorstellen und sich anschließend zum entspannten Tischgespräch zu uns gesellen. Evelyne Gebhart ist Abgeordnete der SPD-Fraktion und engagiert sich für europäische Regelungen im Dienstleistungssektor. Michael Theurer ist FDP-Abgeordneter und konnte sich in der Vergangenheit für die bessere Besteuerung von internationalen Großkonzernen wie Apple, Amazon, Google und Facebook durchsetzen. Eine FDPler zerschlägt Steuersparmodelle. Mal was Neues.

https://lh3.googleusercontent.com/-ZVM782STTts/VREcVaVyKuI/AAAAAAAAG7A/_n5BhWr9NAE/w620-h874/Gru%25CC%2588%25C3%259Fe%2Baus%2BBru%25CC%2588ssel%2BKopie%2B2.jpgCaro und Christoph sprechen ihn auf die „Arbeit“/Protestaktionen von Martin Sonneborn im Europaparlament an. Und da wird er sehr ungehalten, schlägt mit der Faust auf den Tisch und fordert von einem Mann, den effektiv acht Millionen Menschen gewählt haben, seine parlamentarische Arbeit zu machen. Jeder Parlamentarier in der EU muss Berichte vorlegen um dem Wähler seine Arbeit zu dokumentieren. Herr Sonneborn mache in der Richtung nicht viel. Aber schließlich hat er seinem Wähler auch nichts anderes versprochen, als die Arbeit zu boykottieren.

Diese Diskreditierung der EU und vor allem der Arbeit der Parlamentarier schmeckt Michael Theurer gar nicht. Er muss weiter, aber die Wutrede muss noch zu Ende gesprochen werden. Wir sind belustigt, haben aber auch Verständnis für einen Mann, dessen Herz wirklich stark für die europäische Idee zu schlagen scheint. Der Abend geht bei Wein und mit dem Besuch einer weiteren leckeren Bierkneipe zu Ende.

Den besten Beitrag des nächsten Tages liefert Bartlomiej Balcerzy. Er ist Vertreter der Generaldirektion „Migration und Inneres“ und spricht über Asyl. Die Beteiligung im Plenum ist extrem hoch und wir alle löchern ihn mit Fragen zur Situation in griechischen Flüchtlingslagern und dem Verhalten der griechischen und türkischen Küstenwache. Wir sprechen ihn an auf Fälle von Angriffen auf Flüchtlingsbote seitens der griechischen Marine. Aber auch die türkischen Polizeikräfte scheinen aggressiv vorzugehen und Flüchtlingsbote absichtlich zum Kentern zu bringen. Wie dagegen vorgegangen werden soll, darf an dieser Stelle nicht verraten werden. Fest steht aber, dass die Umsetzung einer möglichen Lösung problematisch wird. Als Beschluss klingt alles immer geil.

Nachdem wir  zu guter Letzt noch der ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Brüssel einen Besuch abstatten, geht es direkt zum Flughafen. So mancher deckt sich noch mit belgischer Schokolade und Bergen an Pralinen ein. Geschickte Weihnachtsgeschenk-Konstrukte á la David werden erstellt und es geht übermüdet und geschafft zurück nach München. Hier amüsiert uns noch der neue „Wintermarkt“ bei Terminal 1. Ein lustiges und spannendes „Bonding-Event“ geht zu Ende.

 

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