Keshin – Kapitel 1

Nach 15 Jahren kommt Antonow mit seiner alten Fliegerstaffel wieder zusammen. Das Imperium hat die neun Piloten zurück an die Front gerufen, um einen unbekannten Feind zu bekämpfen. Antonow ahnt nicht, dass es sein letzter Flug sein wird. 

Tamera hatte Antonow bereits vom Weiten kommen sehen: Der hellhäutige Hüne mit den grün-blauen Augen und strohblonden Haaren war ja auch kaum zu übersehen. Tamera dagegen hatte die Züge eines Mannes aus der Steppe und war viel kleiner. Zu seinem Nachteil war das nicht, Größe war in ihrem Beruf nicht das Entscheidende. Trotzdem beneidete er Antonow manchmal ob seiner Maße. Sein alter Kamerad sah immer noch genauso aus, wie bei der Auflösung ihrer Staffel vor über zehn Jahren. Nie hätte er gedacht, wieder gemeinsam mit seiner alten Staffel fliegen zu dürfen, doch heute war es soweit: Das Oberkommando hatte die alten Kampfflugzeuge aus den Hangars rollen lassen und die Piloten zusammengerufen.

„Tamera!“, Antonow lächelte seinen alten Freund und Kameraden an.

„Staffelkapitän!“, salutierte Tamera gemäß den Vorschriften. Antonow lachte.

„Lass gut sein, alter Freund, wie geht es dir? Wie ist es dir ergangen?“

Tamera grinste: „Gesundheitlich geht’s mir gut, aber das Leben war langweilig, Antonow. Man hat mich gezwungen, den Piloten für die hohen Tiere zu spielen. Das hieß vielleicht ein paar Flüge im Jahr mit einer Zivilmaschine. Ab und an auch ein Aufklärungsflug.“

„Bei mir war es genauso“, nickte Antonow. „Aber jetzt hat man uns ja zurückgeholt und wir dürfen wieder fliegen. Richtig fliegen mit richtigen Maschinen! Ich hoffe, du kannst das noch.“

„Ich habe jeden Tag im Geiste geübt“, antwortete Tamera selbstsicher. Antonow schmunzelte. Tamera war ein ausgezeichneter Pilot und Fliegen war wie Fahrradfahren. So etwas vergisst man nicht.

„Dann lass uns heute erfolgreich jagen. Komm, gehen wir rein. Ich erkläre euch unseren Auftrag. Die anderen sind schon alle da?“

Tamera nickte. Antonow nickte zurück und gemeinsam betraten sie die kleine Hütte.

„Antonow!“, Kaiyer fiel seinem alten Staffelkapitän in die Arme. Antonow war etwas überrascht, aber er freute sich, dass Kaiyer sich kein Stück geändert hatte.

„Es ist schön, dich zu sehen, Kaiyer“, sagte Antonow, während er sich aus dem Griff seines Kameraden befreite.

Er warf einen Blick in den Raum und erkannte den Rest seiner alten Crew. Der große und ruhige Fomin, der etwas alte, aber immer verlässliche Treiber, der gewitzte und ehrliche Ting, der immer fröhliche und freundliche Kanada, der grimmige, aber treue Wikos und zum Schluss der ein wenig zurückhaltende und schüchterne Afrazi. Sie alle waren da und sie alle begrüßten ihren alten Freund und Kameraden herzlich. Antonow war glücklich, sie wiederzusehen, aber er wusste auch, dass jetzt nicht die Zeit für Tratsch war. Sie hatten einen Auftrag zu erfüllen, erst dann konnten sie sich der Vergangenheit widmen.

„Männer!“, rief er aus und sofort waren alle still und hörten zu. Selbst nach zehn Jahren wussten sie immer noch, wie sie sich zu verhalten hatten. Sogar Kaiyer gab keinen Ton von sich, auch wenn sein Körper vor Aufregung etwas zitterte. „Unser Auftrag ist einfach und schnell erfüllt. Feindliche Schiffe, darunter auch eins, das Flugzeuge trägt, nähern sich dem Festland. Es ist ziemlich sicher, dass diese Flugzeuge in Kürze starten und in unseren Luftraum eindringen werden.“

Er zeigte ein Schwarz-Weiß-Foto herum, auf dem ein großes, schwarzes Schiff zu erkennen war. Daneben schwamm ein kleineres. Im Größenvergleich wirkte dieses viel winziger als das andere. Das Größere war lang und das Deck bestand anscheinend aus einem Rollfeld für die Flieger. Diese waren aber kaum erkennbar. Das Foto musste von einem alten Spionageflugzeug gemacht worden sein, denn die Qualität war ziemlich schlecht. Antonow fuhr fort, während er das Bild herumgab:

„Wir sollen die feindlichen Jäger abfangen und zerstören. Danach versenken wir die Schiffe und fliegen wieder nach Hause, wo ich euch alle auf ein Bier einlade.“

Seine Kameraden applaudierten. Fomin aber meldete sich mit einer Frage.

„Ja, Fomin?“

„Schiffe, die Flugzeuge tragen? Gibt es so etwas denn?“

„Ja, in der Tat.“

„Die müssen aber ziemlich groß sein“, warf Kanada ein.

„In der Tat, man sieht es ja auf den Fotos.“

„Sind es republikanische?“, Tings Frage war berechtigt.

„Das kann ich nicht sagen, sie tragen keinerlei republikanische Embleme.“

Ein Gemurmel erfüllte den Raum.

„Aber wem gehören sie dann?“, wieder war es Ting, der die Frage stellte.

Antonow konnte als Antwort nur den Kopf schütteln.

„Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie offensichtlich feindselig sind. Und nur das allein zählt.“

„Was ist mit der Stärke der Feindkräfte? Was für Modelle nutzen sie?“

„Ich habe keinerlei Informationen diesbezüglich.“

Wieder Gemurmel.

„Aber macht euch keine Sorgen, wir kämpfen ja nicht alleine. Es starten ein Dutzend weitere Geschwader zur selben Zeit, von den verschiedensten Positionen aus. Wir säubern unseren Sektor, helfen den anderen, falls nötig, versenken die Schiffe und fliegen dann wieder nach Hause. Ihr wisst ja, wie’s läuft!“

Die anderen bejahten selbstsicher.

„Wir sind Staffel Greif. Die besten Flieger im ganzen Imperium. Der Stolz seiner Majestät des Khans!“

Diese Worte schienen die anderen mit Stolz zu erfüllen. Sie waren tatsächlich die beste Staffel des ganzen Imperiums.

Die meisten Abschüsse, keine Verluste. Darum hatten sie auch viel länger fliegen dürfen als der Rest ihrer Kameraden, ehe das Oberkommando in Reaktion auf die große Ölkrise sämtlichen Flugverkehr eingestellt hatte – in einem stillschweigenden Übereinkommen mit der Republik. Darum starteten sie heute auch nur als Staffel und nicht mit dem restlichen Geschwader. Sie waren mit allem fertig geworden, was die Republik ihnen entgegengeworfen hatte. Selbst wenn sie diesen neuen Feind nicht kannten. Selbst wenn sie seine Stärke nicht kannten. Sie würden ihn vom Himmel jagen, so wie sie es schon immer getan hatten. Das war ihr erster Einsatz seit zehn Jahren, alle waren hoch motiviert und bereit zum Kampf. Versagen war unmöglich. Nicht für Staffel Greif, den Stolz seiner Majestät des Khans.

 

„Antonow, ich beneide dich zutiefst“, Wikos strich über den kalten Stahl der Maschine und man konnte ihm seinen Wunsch, damit zu fliegen, deutlich vom Gesicht ablesen.

Die anderen blickten ebenfalls neidisch: Ihr Staffelkapitän durfte ein Flugzeug mit Strahltriebwerken fliegen. Das DKF 1, Düsenkampfflieger 1, das erste seiner Art. Die anderen waren zwar auch nicht leer ausgegangen, sie hatten alle VKF 3, Verbesserte Kampfflieger 3, zur Verfügung, aber einen DKF hätte jeder bevorzugt. VKF waren schließlich gewöhnliche Propellermaschinen. Wenigstens die alten SKF –Standardkampfflieger – hatte man ihnen nicht gegeben.

Äußerlich und in der Bewaffnung waren sich die DKF und VKF aber recht ähnlich: Beide hatten als Besatzung nur einen Piloten. Als Bewaffnung dienten ein Maschinengewehr, eine Maschinenkanone und Raketen. Die neuen Modelle besaßen auch eingebaute Bordcomputer mit Zielhilfe. Und natürlich waren beide in dem typischen imperialen grau angestrichen. Der Düsenkampfflieger war jedoch deutlich schneller als der verbesserte Kampfflieger. Nicht zuletzt wegen den nach hinten gebogenen Flügeln, die den Luftwiderstand verringern sollten. Zudem war er mit Täuschkörpern ausgerüstet. Sie sollten wärmesuchende Raketen vom Flieger ablenken. Im Kampf gegen die Republikaner waren sie selten auf solche gestoßen. Die republikanischen Raketen waren auch nie sehr zuverlässig gewesen: Entweder sie hatten mitten im Flug die Verfolgung aufgegeben oder ließen sich durch geschickte Wendemanöver austricksen.

Imperiale Technologie war der republikanischen schon immer überlegen gewesen. Der Erfindungsgeist der imperialen Ingenieure bei der Namensvergabe hatte sich bis heute aber nicht geändert: immer noch grau und trocken.

„Er ist unser Staffelkapitän, der beste von uns. Natürlich kriegt er auch das Beste, was die Luftwaffe zu bieten hat“, Afrazi sagte nie viel, aber wenn er es dann doch mal tat, dann meistens zu Gunsten Antonows. Dieser winkte ab.

„Es gibt keinen Grund, neidisch zu sein. Das war vor zehn Jahren schon ein Prototyp und wurde bis heute nicht weiterentwickelt. Ich bin froh, wenn er nicht mitten in der Luft auseinanderfällt.“

„Willst du tauschen?“, fragte Wikos mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Antonow lachte und schüttelte den Kopf.

 

Ehe sie sich versahen, waren sie alle in der Luft und hatten Formation eingenommen. Gewöhnliche V-Formation, der Staffelkapitän ganz vorne, seine acht Kameraden auf beide Flanken verteilt. Antonow war als letzter gestartet, da er mit seinem DKF doppelt so schnell war wie die anderen.

„Staffel Greif, hier Greif 1. Status!“, sprach Antonow in sein Headset.

„Greif 2 bereit“, meldete sich Tamera.

„Greif 3 bereit“, das war Wikos.

„Greif 4 ist hier“, Kanada klang so fröhlich wie immer.

„Greif 5 ist einsatzbereit“, Treiber war heute mit den Worten sehr zurückhaltend gewesen. Es war schön, mal wieder seine Stimme zu hören.

„Alle Soldaten, folgt mir zum Sieg!“

Ein allgemeines Gelächter ging durch ihren Funkkanal.

„Verdammt Kaiyer, halt dich ans Protokoll“, Antonow war ein wenig gereizt. Er mochte Kaiyers kindliche Art, aber es gab auch Zeiten, an denen man sich beherrschen sollte.

„Tut mir Leid Boss, Greif 6 bereit.“

„Greif 7 ist bereit“, Fimon klang heute sehr selbstsicher.

„Greif 8 ist hier“, auch Ting wirkte so, als ob er alles schaffen könnte.

„Greif 9 bereit“, Afrazis Stimme war etwas leise gewesen, aber das war nichts Ungewöhnliches.

„Alles klar, Männer. Formation beibehalten und Augen offen halten nach Feindbewegungen. Denkt an euer Training, dann kriegen wir das schon hin. Viel Glück und gute Jagd!“

Ein gegenseitiges Ermutigen und Beglückwünschen im Funk war die Antwort.

Dann war alles still. Eine gefühlte Ewigkeit flogen sie so durch die Luft, ehe Fimon die Stille brach.

„Ich hab immer noch nichts auf dem Schirm.“

„Vielleicht sind die Dinger kaputt“, spekulierte Ting.
„Vielleicht haben die Typen auch nur Angst vor uns“, lachte Tamera.

Ein Rauschen in ihrem Funkkanal ließ sie alle aufhorchen. Erst war kaum etwas zu verstehen, bis sich das Rauschen schließlich in eine harte, männliche Stimme verwandelte.

„Staffelkapitän?“, sprach sie.

„Hier Staffelkapitän Antonow der Staffel Greif seiner Majestät des Khans. Mit wem spreche ich? Ende“

„Hier ist Schwarmführer Zaride des Schwarms Epsilon von den Sulaiengar. Ende“

Antonow sah nicht die Gesichter seiner Kameraden, doch er wusste, dass sie alle der gleiche Blick prägte: überrascht und verwirrt zugleich. Von den Sulaiengar hatte keiner von ihnen je gehört und Zarides Dialekt war auch mehr als ungewöhnlich gewesen. Er klang wie eine Mischung aus imperial und dem östlichen Dialekt, aber dann doch ganz anders. Ein wenig älter und entfernt. Noch verständlich, aber sehr gewöhnungsbedürftig.

„Bitte wiederholen. Mit wem spreche ich? Ende.“

„Schwarmführer Zaride des Schwarms Epsilon.“

„Ich habe nie …“, Antonow wurde von seinem Gesprächspartner abgeschnitten.

„Hören Sie, Antonow, wir haben nicht viel Zeit. Ich mache Ihnen jetzt ein gutgemeintes Angebot. Sie und Ihre Staffel mit veralteten Flugzeugen ziehen wieder ab und ich verspreche, dass Ihnen nichts geschehen wird. Falls Sie sich jedoch weigern, versichere ich, dass …“, diesmal wurde Zaride abgeschnitten, aber nicht von Antonow, sondern von der imperialen Bodenkontrolle.

„Hier Bodenkontrolle, Staffelkapitän bitte kommen.“

„Staffelkapitän hier.“

„Wir haben feindliche Frequenzen in Ihrem Funkkanal entdeckt. Ich muss Sie daran erinnern, dass die Kommunikation mit dem Feind strengstens untersagt ist, Staffelkapitän.“

„Bodenkontrolle, der Feind hat uns benachrichtigt.“

„Das spielt keine Rolle. Jeglicher Nachrichtenaustausch ist strengstens untersagt. Sie haben Ihre Ziele, führen Sie sie aus. Bodenkontrolle Ende und aus.“

Es herrschte ein kurzes Schweigen.

„Das war sehr… ungewöhnlich“, meldete sich Treiber schließlich.

„Es ist egal, was es war. Die Bodenkontrolle hat recht, wir haben einen Auftrag zu erfüllen. Und der Feind hat uns soeben noch seine Stärke mitgeteilt. Nur ein Schwarm, nicht mehr als vier Maschinen. Das dürfte kein Problem darstellen“, Antonow war auch über den Vorfall etwas verwirrt, aber als Anführer durfte er sich nichts anmerken lassen.

Kaiyer entschied sich dazu, die Stimmung etwas zu heben:

„Ein dreifaches Hurra für Staffel Greif, den Stolz …“, Kaiyer sollte diese Lobeshymne niemals zu Ende sprechen können, vorher riss eine Rakete seinen Flieger entzwei. Es war nur noch ein leichtes Rauschen im Funkkanal zu hören, ehe auch dieses erstarb.

„Scheiße, was …“, begann Ting, bevor auch seine Stimme erlosch. Die Reste seines Fliegers wurden in einer flammenden Explosion in alle Richtungen geschleudert.

„Sofort ausweichen!“, schrie Antonow und riss den Steuerknüppel nach unten. Just in diesem Augenblick zischten vier Kampfflieger an ihnen vorbei. Sie waren schnell gewesen, viel zu schnell. Mindestens doppelt so schnell wie Antonows DKF 1. Wenn nicht sogar noch schneller. Auch ihre Form war ganz anders: eckiger als jedes republikanische Flugzeug oder sogar Panzer, das Antonow je gesehen hatte. Zwei kantige Düsen im Hinterteil sorgten für den Antrieb, der Schnabel war scharf und spitz und die Flügel enganliegend und nach hinten gestreckt. Zusätzlich dazu ragten auch einige Klappen aus dem Rumpf. Angestrichen waren sie in einem tiefen, dunklen Schwarz.

Es waren nur vier, aber sie hatten bereits zwei ihrer Kameraden ohne Mühe und absolut unerwartet ausgeschaltet. Erst jetzt tauchten sie auch auf dem Radar auf. Anscheinend besaßen sie Tarnfähigkeiten, denn Antonow konnte sich nicht vorstellen, dass sie alle die Jäger übersehen haben konnten.

„Sie kommen zurück!“, warnte Fimon.

„Ich werde anvisiert“, aus Wikos Stimme war deutlich die Panik herauszuhören.

Antonows Bordcomputer gab ein einen Warnton von sich, ein Zeichen dafür, dass man auch ihn im Visier hatte. Er bemühte sich seinen Flieger in die Nähe seiner Kameraden zu bringen

„Täuschkörper sind raus!“, beruhigte er.

Die Täuschkörper zeigten Wirkung, die heranrauschenden Raketen ignorierten ihre Flieger und wandten sich den kleinen, eckigen Objekten zu. Die feindlichen Jäger schien das aber wenig zu interessieren. Statt mit ihren Raketen zerfetzten sie Fimons Flieger mit einer Maschinenkanone in zwei Teile. Fimon hatte noch die Möglichkeit ein letztes Mal zu schreien, ehe dem wieder das Rauschen folgte. In den herabfallen Teilen seines VKF war eine blutige Masse erkennbar.

„Diese Schweine!“, Wikons Stimme war voller Wut.

„Ich kann nicht anvisieren, sie sind zu schnell!“, Treiber klang verzweifelt.

Die feindlichen Flieger rauschten erneut an ihnen vorbei, nur um wieder abzudrehen und diesmal vier von ihnen auf einmal auszuschalten. Zwei schnelle Raketen erledigten Wikon und Treiber zur selben Zeit. Afrazin und Kanada dagegen wurden von Maschinenkanonen in der Luft zerrissen.

 

Jetzt waren nur noch sie beide übrig: Antonow und Tamera. Eine Stunde zuvor hatten sie noch zusammen gelacht und sich ob ihres Wiedersehens gefreut und jetzt waren fast alle tot. Eine Dekade Freundschaft und sieben Menschenleben einfach so dahin.

„Antonow.“, Tameras Stimme klang ruhig.

„Ja?“, Antonow bemühte sich, die Tränen zu unterdrücken.

Sein Bordcomputer warnte ihn wieder vor anfliegenden Raketen.

„Ich werde anvisiert.“, Tamera lachte nervös.

„Es war schön, wieder mit dir zu fliegen, alter Freund. Wir sehen uns auf der anderen Seite.“

Antonows Finger drückten reflexartig den Knopf für die Täuschkörper. Ein Strahl von leuchtenden Objekten wurde aus seinem Jäger geworfen. Tamera half das nicht mehr. Er war zu weit weg gewesen. Antonow kam es vor, als würde die Zeit stillstehen, als die Rakete in das Cockpit des VKF einschlug und der Flieger zusammen mit seinem Piloten in einer Explosion in alle Himmelsrichtungen geschleudert wurde.

Dann begann sich die Uhr wieder zu drehen und zum vierten Male rauschten die feindlichen Flieger an ihm vorbei. Viel zu schnell, als dass er hätte etwas tun können. Es ertönte ein kurzes Rauschen und eine Stimme in seinem Kopf meldete sich.

„Hier spricht Zaride, es ist noch nicht zu spät aufzugeben, Antonow.“

Antonow konnte gar nicht glauben, was er da gerade gehört hatte. Seine Kameraden und Freunde waren tot, ermordet von diesen Leuten und da sollte er aufgeben? Den Teufel würde er tun. Er hatte sowieso nichts mehr zu verlieren. Zu Hause gab es niemanden, der auf ihn wartete. Seine Kameraden waren bereits bei ihren Ahnen und schauten ihm vom Himmel aus zu. Wenigstens einen dieser Mörder wurde er mitnehmen.

„Fickt euch, ihr Arschlöcher“ war seine Antwort.

Es herrschte kurzes Schweigen, bis Zaride sich wieder meldete:

„Ihre Entscheidung“, gab dieser nur knapp zurück.

 

„Lasst mich mit ihm alleine, Kameraden“, befahl Zaride.

Seine Mitstreiter schienen etwas verwirrt.

„Delta hat Verluste hinnehmen müssen. Anscheinend hatten sie es gleich mit einem ganzen Geschwader zu tun gehabt. Geht und helft ihnen aus!“

Die anderen verstanden und drehten ab.

 

Antonow sah, wie drei der vier Jäger sich davonmachten.

Zaride und er umkreisten sich einige Zeit lang in der Luft, bis sein Gegner sich schließlich meldete:

„Nur Sie und ich, Antonow. Mann gegen Mann, ein fairer Kampf“, in Zarides Stimme war etwas Hohn mitgeschwungen.

„Fair sieht anders aus“, gab Antonow zurück.

„Sie haben einen Düsenjäger, ich habe einen Düsenjäger. Machen Sie das Beste draus.“

Dann war die Verbindung weg, Zaride blockierte vermutlich den Kanal. Antonow war das recht, er hatte sowieso kein Interesse an einem Gespräch gehabt.

Foto: Philipp Magin

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Ali Vahid Roodsari
Ali Roodsari nennt sich manchmal auch Rod Sherry, erzählt gerne Geschichten und hätte gerne mehr Zeit zum Lesen. Ist auch auf Twitter unterwegs: @AliRoodsari.

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